Text zur Ausstellung

Die Ausstellung widmet sich Ernst Ludwig Kirchners Werken des sogenannten „Neuen Stils“ – einer Schaffensphase, die der Künstler ab Mitte der 1920er-Jahre entwickelte und bis in die Mitte der 1930er-Jahre fortführte.

Über zwei Etagen entfaltet sich eine prägnante Werkschau, die anhand ausgewählter Gemälde im Erdgeschoss und Arbeiten auf Papier im Untergeschoss die charakteristischen Merkmale, Entwicklungen und Eigenheiten dieses „Neuen Stils“ nachvollziehbar macht. Ziel ist es, dieser Phase innerhalb von Kirchners Œuvre den ihr gebührenden Stellenwert zu verleihen. Mit dieser Ausstellung leistet unsere Galerie zugleich einen Beitrag zur derzeit intensiv geführten Auseinandersetzung mit Kirchners Werk und dem Neuen Stil – wie sie unter anderem in den aktuellen Präsentationen im Kunst Museum Bern (Kirchner x Kirchner), im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster (Kirchner und Picasso), in der Kunsthalle Mannheim (Kirchner, Lehmbruck, Nolde) sowie im Kirchner Museum Davos prominent zum Ausdruck kommt.

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Ernst Ludwig Kirchner kam aus Genesungsgründen zum ersten Mal 1917 nach Davos und fand in den Bergen um die Alpenstadt herum seine neue Inspirationsquelle. Er brachte Stilmerkmale aus seiner künstlerischen Zeit in Berlin mit und deutete diese um, sodass Meisterwerke der Landschaftsdarstellung entstanden in seiner typisch nervösen Malweise mit kantigen Schraffuren und ausgeprägten Farbkontrasten. Die Berliner Kokotten, welche seine berühmten Straßenszenen belebten, schlüpften in die Rollen der Bergbäuerinnen, die Berliner Freier in die der Bauern bei der Arbeit. Nach Giovanni Giacometti, Giovanni Segantini und Ferdinand Hodler entwickelte sich der Großstadtmaler zu einem der bedeutendsten Interpreten der Alpenvedute: Berge, Bauern und Kühe erfuhren ihre Sublimierung in seinen Werken zu zentralen, gefeierten und hervorragend in Szene gesetzten Motiven. Die Ruhe und Zurückgezogenheit, die Kirchner in und um Davos vorfand, verhalfen ihm zu einer neuen Blüte expressionistischer Ausdruckskraft mit ebenbürtiger Wucht und Intensität.

Ernst Ludwig Kirchner wäre aber kein Meister der Malerei, der Zeichnung und der Grafik sowie der Plastik und der Fotografie, wenn er sich nicht weiterentwickelt und somit das Majestätische seiner frühen Davoser Zeit für einen Stilwandel umgedeutet hätte, was Kirchner zu seinem „Neuen Stil“ führte, den wir in dieser Ausstellung näher darstellen möchten. Der Künstler lebte nun schon seit mehreren Jahren am Rande der alpinen Stadt und hatte seine Umgebung und das Leben in der Höhe von allen Seiten und in allen Facetten festgehalten, als es zu diesem Stilwandel in seiner Malerei kam: Die Farbflächen beruhigten sich, sie wurden homogener und durch in sich verschlungene, abwechselnd konkave und konvexe Linien eingefangen, sodass breit angelegte abgerundete Formen in starken Farbkontrasten sich abwechselten und eine monumentale Malerei hervorbrachten.

Motivisch blieb sich Kirchner zeitlebens treu und schuf von seinen frühen Dresdner Anfängen über die Berliner Jahre, die frühe Davoser Zeit und den Neuen Stil bis zur späten Davoser Zeit manisch wiederholend Badende und Akte in Atelierumgebung oder Landschaft, Zirkus oder Varieté sowie sportliche Betätigungen gerne auch mit Pferden sowie Früchte- und Blumenstillleben oder Stadt- und Berglandschaften. So begegnen wir ab der Mitte der Zwanzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts einem Kirchner, der sich völlig neu erfand und zu neuartiger Blüte entfaltete. Bis in die Mitte der darauffolgenden Dreißigerjahre schuf er in diesem neuartigen Stil, verfeinerte diesen und wandte ihn fantasievoll in sämtlichen Techniken an. Die Ausstellung mit 16 Gemälden – darunter auch einige selten gezeigte Arbeiten – sowie zahlreichen Arbeiten auf Papier eröffnet einen eindrucksvollen Einblick in die Vielfalt von Kirchners Motiven und Techniken und lässt seinen „Neuen Stil“ in all seinen Facetten lebendig werden.

Wir können hier streng genommen nicht von Spät-Stil sprechen, da der Künstler gerade Mitte vierzig bis Mitte fünfzig war, also in der Blüte seines Lebens, aber auch weil ganz zuletzt Kirchner abermals seine künstlerische Ausrichtung änderte. Wenn die Werke des „Neuen Stils“ zwar immer von einem Sinneseindruck ausgehen, jedoch dennoch abstrahierend wirken, die Gegenstände in ihnen vereinfacht und multiperspektivisch dargestellt wurden, so sollten die allerletzten Werke vor seinem Tod wieder naturalistischer werden. Der „Neue Stil“ kann also als abgeschlossene Phase angesehen werden, die Kirchners Drang nach der Suche einer ganz eigenen Ausdrucksart erfolgreich belegt. Kirchner suchte und fand seine Sprache und Stilrichtung, die ihn unverfälscht wiedergab, die ihn in der Kunstwelt einmalig machte. Jedes Werk dieser Schaffensperiode weist bestimmte Charakteristika auf, die es unverwechselbar als ein Meisterwerk des Künstlers aus dieser Zeit erkennen lassen.

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